Das Pilotprojekt “Mobiler Tanzsaal“ ging im Sommer 2021 in den Bezirken Marzahn-Hellersdorf und Charlottenburg (Westend) in die praktische Erprobung dezentral organisierter Tanzvermittlung. Es fanden 16 unterschiedliche Tanz- und Diskursformate in Kooperation mit den Partner-Standorten (link to the partners) Campus Esche, Pilot-Stadtwerk Marzahn/S27 und der ngbk Hellersdorf mit insgesamt über 400 Teilnehmenden aller Altersgruppen statt.
Das Projekt ist sowohl Teil der Bestandsaufnahme innerhalb der Konzeptionsphase der Steuerungsgruppe, als auch ein Forschungsprojekt, das sich in vier Bestandteile gliedert:
- Bedarfsanalyse
- Durchführung verschiedener Workshops
- Verstetigungsgespräche mit den Partner*innen
- Projektdokumentation und wissenschaftliche Analyse
Urbane Praxis in Außenbezirken?
Der „Mobile Tanzsaal“ hat mit Blick auf kulturelle Teilhabe den Begriff der Zentralität kritisch hinterfragt: Wie kann Stadterweiterung sozial, ökologisch und kulturell gestaltet werden und welche Rolle kann Kultur dabei übernehmen? Das Projekt hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit den Kiezbewohner*innen durch die universelle Sprache des Tanzes in Kontakt zu treten und mit ihnen gemeinsam etwas zu gestalten. Die Bedarfsanalyse zu Beginn des Projekts war hierfür eine wichtige Voraussetzung – nicht nur um Neues anzustoßen, sondern um eben das zu unterstützen, das schon da ist. Im Fokus stand die Frage: Was brauchen die Menschen vor Ort? Wer sind entscheidende Multiplikator*innen und Vermittler*innen vor Ort? Welche Räume sind vorhanden und wie werden sie genutzt? Durch die Praxis, durch das Ausprobieren, in Workshops und in persönlichen Gesprächen mit den Akteur*innen vor Ort, wurde das Projekt gemeinsam konzipiert und umgesetzt.
Künstlerische Interventionen und Pop-Up-Workshops
In künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum und generationsübergreifenden Pop-Up-Workshops wurden die Teilnehmenden selbst zu Gestalter*innen einer mobilen und tanzenden Stadt. Aktuelle künstlerische Positionen aus dem Bereich Urban Dance, Cross Over-Techniken und die Fusion verschiedener Tanz-Stile bildeten den Schwerpunkt der Workshops, die von Tanzschaffenden mit interkulturellem Background geleitet wurden. Ein nonhierarchischer Community-Begriff und ein Fokus auf gemeinsamer Gestaltung mit den Teilnehmenden war hierbei grundlegend für die Arbeitshaltung des gesamten Projektteams.
Dokumentation und Ausblick
Der „Mobile Tanzsaal“ wurde von Elisa Ricci mit Ansätzen aus der Tanzwissenschaft, der Ethnografie sowie der kuratorischen Praxis analysiert und dokumentiert und dient einer kritischen Hinterfragung von Dezentralität als Handlungsprinzip, sowie dazu, den Bereich Tanzvermittlung als Forschungsbereich zu etablieren.
Das Projekt hat ein breites Wissen um die nötigen Kompetenzen im Team und um die Notwendigkeit von nachhaltiger Arbeit im Feld der Urbanen Praxis geschaffen. Neu entstandene Kooperationen im Bereich Kulturelle Bildung sowie wichtige Schnittstellen mit ressortübergreifender Standortentwicklung gilt es nun im Rahmen der Pilotphase „Access Point Tanz“ weiterzudenken und auszubauen. Die beteiligten Förderinstitutionen sind zukünftig strukturell und langfristig in dezentrale Tanzvermittlungsarbeit mit einzubeziehen.
Der „Mobile Tanzsaal“ hat gezeigt, wie wichtig es insbesondere in den Außenbezirken der Stadt ist, vorhandene Orte zu erschließen, Communities miteinander zu vernetzen und ein kontinuierliches Arbeiten zu ermöglichen. Ein interkultureller Ansatz, sowie das generations- und stilübergreifende Arbeiten sind elementare Bausteine um Zugänge zu erleichtern sowie diversitätsorientierte und diskriminierungskritische Perspektiven als Grundhaltung durch Tanzvermittlung zu etablieren.
Team
Projektleitung: Sven Seeger
Co-Leitung: Janne Gregor und Gabriele Reuter; Urban Culture: Joy Alpuerto-Ritter
Unterstützung Leitungsteam und Webseite: Elena Basteri
Produktion und Dramaturgie: Veronika Wagner
Assistenz Projektleitung: Verena Weiss
Forschung/Dokumentation: Elisa Ricci
Workshopleiter*innen: Joy Alpuerto-Ritter, Nora Amin, Thomster, Osman Osman, Fidan Sirin, Hamza Alwaz, Viola Barner, Anatol Wendler, Allahham Anas, Zafar Arab, Ali Emani, Sven Seeger, Zubair Amini
DJs: Prince Ofori, Kanishka Sarkar
Multiplikator*innen: Afsaneh Hatefi, Saman, Lisa Schwalb, Zeljko Ristic, Susan Aziz, Sabine Wolf, Tina Hans Jürgens
Kooperationspartner:innen
Campus Esche, Wasserwerk / Berlin Mondiale, station urbaner Kulturen / nGbK Hellersdorf, More Than Shelters e.V., Pilot-Stadtwerk Marzahn / S27, Haus der Statistik.
Beteiligte Institutionen:
Westend (Partner: Campus Esche):
Erstaufnahme-Unterkunft Kirschenallee; Prisod – Gemeinschaftsunterkunft Eschenallee; Ulme 35 e.V.; Senioren-Anlage Ulmeneck, Familienzentrum Kastanienallee.
Hellersdorf (Partner: NgbK):
Eastend Hellersdorf, Stadtteilkoordination Hellersdorf.
Marzahn (Partner: Pilot-Stadtwerk Marzahn / S27):
Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete EJF – Evangelisches Jugend- und Fürsorgewerk, Stadtteilkoordination im Nachbarschaftszentrum DRK, Haus der Begegnung M3 e.V.
Das Projekt „Mobiler Tanzsaal“ wurde realisiert aus Mitteln des Berliner Projektfonds Urbane Praxis. Das Vorhaben war Teil der Initiative DRAUSSENSTADT, gefördert von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa.