21.11.2024, Experimentierort “Bei-Wilhelm“ in Berlin-Spandau
Eine Veranstaltung von Access Point Tanz in Kooperation mit Berlin Mondiale gUG, Urbane Praxis e.V., Sasha Waltz & Guests Education & Community und Sozial-kulturelle Netzwerke casa e.V.
Das Austausch- und Arbeitstreffen zum Thema Tanz(vermittlung) in sozialen Räumen hat vor allem den Bezirk Spandau in den Fokus genommen. Ziel des Treffens war es, Austausch und Vernetzung unter den Teilnehmenden zu fördern und in kleineren Arbeitsgruppen anhand konkreter Themen und Fragestellungen in lösungsorientierte Gespräche zu gehen.
Die Veranstaltung wurde von der freien Choreografin, Tanzvermittlerin und Urbanistin Gabriele Reuter konzipiert und moderiert und durch kurze Bewegungsimpulse aus der Tanzvermittlungs-Praxis von Nora Amin (Choreografin, Performerin, Autorin und Tanzvermittlerin) und Sarah Potrafke (Projektleiterin Move Your Kiez – Spandau / Jugendkulturinitiative, Tänzerin, Tanzpädagogin und Kulturvermittlerin) begleitet. Der Großteil der Teilnehmenden ist im Bereich Tanzvermittlung, Sozialarbeit und Kulturelle Bildung aktiv. Eine Besonderheit war die Mischung aus Sozialarbeiter*innen, Mitarbeiter*innen vom Bezirksamt, Tanzvermittler*innen und Künstler*innen.
Es wurde in drei Gruppen zu verschiedenen Themen gearbeitet. In jeder Gruppe wurden folgende Fragen diskutiert:
Runde 1
Was macht den Tanz für dieses Thema besonders wichtig?
Was sind unsere Ressourcen?
Wo stehen wir jetzt?
Wie können wir uns gegenseitig stärken?
Runde 2
Was können nächste Schritte sein (jetzt, mittelfristig)?
Gruppe A
Tanz, Gesundheit & Bewegungsförderung – Ressourcen bündeln und Perspektiven für Tanzschaffende
Expert*innen: Margit Beutler (Stadtteilkoordination & Sozialraumorientierung), Reinhard Kautz (Stellvertretender Leiter Musikschule Spandau), Emilie Guerin (Leitung Education und Kindertanzcompany bei Sasha Waltz & Guests Education und Community), Angela Lamprianidou (Freie Tänzerin / Choreografin /Tanzvermittlerin), Moderation: Katja Schubert-Linder (Leitung Kultur VHS Spandau), Protokoll: Johanna Withelm
Zielgruppe: Senior*innen, Erwachsene
Was macht den Tanz für dieses Thema besonders wichtig?
- Tanz stärkt soziale Interaktion und Schwarmintelligenz (→ kollektive, non hierarchische Arbeits- und Bewegungsform)
- Tanz ist ein generationsübergreifendes Medium, wirkt team-bildend, macht Gemeinschaft erlebbar
- Tanz stärkt die körperliche und geistige Fitness, Flexibilität, Herz-Kreislauf, Gleichgewicht, Muskulatur
- Tanz stärkt die psychische / mentale Gesundheit (verringert Stress, Depressionen, Einsamkeit → bewertungsfreier, stressabbauender Raum)
Wo stehen wir jetzt?
- Bildungsurlaub für Arbeitnehmer*innen besteht als Instrument im Gesundheitsbereich vorrangig für Sport, Bewegung, Yoga, Fasten, Wandern etc. Für Tanz wird es bisher kaum bis gar nicht eingesetzt
- Vorbild-Projekt könnte sein: „Kunst auf Rezept“ (gefördert aus EU-Mitteln)
- Interreg Baltic: Arts on Prescription
- Gesundheit Bremen: Kunst auf Rezept
Wie können wir uns gegenseitig stärken?
- Tanz mehr in die Sozialraumorientierung einbeziehen, Verzahnung von Tanz und Sozialarbeit, Tanz und Gesundheitsförderung
- Tanz mit anderen sozialen Angeboten verknüpfen (z.B. Lerntreffs)
Was können nächste Schritte sein?
Jetzt:
- Liste mit allen Tanzangeboten in Spandau erstellen → wird von Access Point Tanz erstellt
- Mehr Tanzangebote in die Bezirksämter schleusen , Bildungsurlaub mit 1 Stunde pro Woche bezahlte Arbeitszeit für Tanzangebote einsetzen, und dadurch mehr Verbindung und Tanzwissen bei den Entscheidungsträger*innen erreichen (Modell “Trojanisches Pferd”)
Langfristig:
- Tanzworkshops / Tanzvermittlung für Ärzt*innen, Physiotherapeut*innen, Psychiater*innen anbieten (Tanzwissen vermitteln durch eigenkörperliche Erfahrung)
- Tanz als Gesundheitsmaßnahme / Präventionsmaßnahme stärken (Yoga wird als Präventionsmaßnahme bereits von den meisten Krankenkassen übernommen)
- Tanz als Schulfach
Gruppe B
Barrierearme Stadtteilarbeit mit Tanz in Außenbezirken – Strukturen schaffen
Expert*innen: Sarah Potrafke, Onur Gözüyilmaz (Freier Tänzer / Tanzvermittler / Sozialarbeiter bei OUTREACH), Ronja Kasemi (Freie Tänzerin / Choreografin / Tanzvermittlerin, Schülervermittlerin Tanz bei Musikschule Spandau), Leonie Letzin (sozialer Träger „Wildwuchs“), Ivan (Kevin) Runde (Projektleiter “Wildwuchs”, Sportpädagoge), Jana Pozmyk (Freie Tänzerin / Choreografin / Tanzvermittlerin B.A.U.M. e.V. und Ensemble Regenbogen), Chada Halwani (Freie Tänzerin / Choreografin / Tanzvermittlerin) Alexandre Anchour (freier Tänzer / Choreograf / Tanzvermittler), Moderation: Gabriele Reuter (Freie Choreografin, Tanzvermittlerin, Urbanistin), Protokoll: Elena Basteri (inhaltliche Koordinatorin Access Point Tanz)
Zielgruppe: Junge Menschen
Was macht den Tanz für dieses Thema besonders wichtig?
- Tanz öffnet die Tür zu Körper und Geist, was gerade für Jugendliche wichtig ist
- Tanz hilft, den Fokus zu erweitern, kann ein Ventil sein, ist selbstermächtigend (Empowerment), übt das Miteinander, ist vielfältig und non-verbal
- Tanzen verbindet, fördert Gruppengefühl
- Tanzen ist unmittelbar – man braucht nur den eigenen Körper
- Tanz fördert Beweglichkeit und macht Spaß
- Tanz stärkt Selbstwertgefühl, Präsenz
Was sind unsere Ressourcen?
Sammlung Orte für Jungen Tanz in Spandau wird erstellt
Wo stehen wir jetzt?
- Was ist schwierig? Jugendliche und Kinder mit Angeboten überhaupt zu erreichen.
- Was funktioniert? Angebote, die direkt an Schulen angegliedert sind (Turnhalle der Schule)
- Es gibt einige Orte mit Tanzangeboten in Spandau (sowohl kostenfrei als auch kostenpflichtig), es fehlt jedoch eine Übersicht und die Vernetzung der Orte und Akteur*innen untereinander
Wie können wir uns gegenseitig stärken?
- Uns besser connecten → (Wichtig: Sich nicht als Konkurrenz sehen, sondern ein Netzwerk der Zusammenarbeit / Unterstützung aufbauen)
- Rotierende Trainingsangebote zum gegenseitigen Kennenlernen und Vernetzen (Ort: Neue 18, evtl auch Clubhaus)
- Vernetzungstreffen: einmal im Monat bei einem der Trainings treffen
- Einen zentralen Ort wählen (zum Beispiel Clubhaus oder die Neue 18), an dem Schnupperkurse der verschiedenen Organisationen regelmäßig angeboten werden
Was können nächste Schritte sein?
Jetzt:
- Liste mit allen aktiven Akteur*innen und Liste mit Tanzorten in Spandau erstellen, um einen Überblick zu bekommen und sich gegenseitig kontaktieren zu können → Access Point Tanz erstellt Listen
- WhatsApp Gruppe gründen, zur Vernetzung und schnelleren Kommunikation für Angebote, Schüler*innen die Trainings wechseln wollen, etc.
Mittelfristig:
- Barrierearme Tanzangebote im Einkaufszentrum ins Leben rufen (kostenlose Angebote, dafür müssten Räume kostenlos zur Verfügung stehen / öffentliche Unterstützung notwendig → Beispiel: „Jugend Point“ in den Spandauer Arcaden mit Beratungsangebot für Jugendliche)
- Know-How und politische Argumentation von der Initiative Sorgezentren nutzen
- Gleichstellungsbeauftragte (auf Bezirksebene) einbinden (mehr Teilhabe junger Menschen einfordern)
- Gewerbetreibende in den Einkaufszentren mit einbinden
- Bürgermeister ansprechen (Idee Einkaufszentrum)
- Mittwochs rotierendes Training starten
Gruppe C
Tanz in öffentlichen / halböffentlichen Räumen – Draußen tanzen
Expert*innen: Berlin Mondiale (Laura Werres), Urbane Praxis e.V. (Dana Schneider), Viktoria Markiewicz (Freie Tänzerin Voguing/Ballroom), Freie Tänzer*nnen Choreograf*innen, Tanzvermittler*innen: Magdalena Meindl, Janne Gregor, Katharina Iva Nagel, Beatrix Joyce, Moderation: Houssein Tarabichi, Protokoll: Laura Werres
Zielgruppenübergreifend
Was macht den Tanz für dieses Thema besonders wichtig? Warum Tanz draußen?
- Besondere Offenheit und Spontanität der Angebote in unmittelbarer Nähe der Menschen, über die man „stolpert“ (Zielgruppen erreichen)
- Es können Menschen erreicht werden, die noch nie in ihrem Leben mit Tanz in Berührung kamen
Wo stehen wir jetzt?
Berlinübergreifend:
- Es gibt viel Interesse an Bewegungsangeboten/Trainings im Park. Kinder steigen oft spontan in die Bewegungspraxis mit ein (Erwachsene weniger).
- Es ist gut, wenn man dann regelmäßig am gleichen Platz trainiert (bekannt werden)
- Angemeldet vs. unangemeldet arbeiten: unangemeldet ist deutlich einfacher, birgt aber ein großes Risiko.
- Tanzperformances draußen: es funktioniert gut, einige Stunden vorher in der unmittelbaren Umgebung Menschen darauf aufmerksam zu machen (z.B. Flyer verteilen)
- Nachteile: Unvorhersehbarkeit / großes Risiko (z.B. Wetterwechsel, Störung durch andere Parknutzer*innen), Anmeldungen sind beim Grünflächenamt oft langwierig und schwer zu erhalten (für Performances: Anmeldungen unbedingt notwendig!)
Was sind unsere Ressourcen / Was gibt es schon?
- Viel Wasser, tolle Parks und Grünflächen für Proben, Bewegungspraktiken und Performances in Spandau (→ siehe auch Video z.B.: Lior Schneior, „Spandau Ballet“)
- Es gibt nicht viele nutzbare Räume für Urban Dance- Proben
- Festivals: Es gab Draußen-Festivals von der Jugendtheaterwerkstatt Spandau (z.B. Festival „Verlorene Illusionen“, 2018)
- Das Stadttheater Spandau veranstaltet Performances an verschiedenen Orten in Spandau
- Erfahrung Mäusebunkerfestival: klare Formate (z.B. „Infotour“) haben gut funktioniert.
Mit Kindern (Street Dance) funktioniert evtl. auch, einfach zu tanzen („Tanzstation“), angedockt bei einem Fest o.ä. → ein lesbares Zeichen „Mach mit!“ ist wichtig. Komplette Workshops (z.B. 2 Stunden geschlossene Formate) sind schwierig / unzugänglich / unpassend für draußen.
Wie können wir uns gegenseitig stärken?
- Idee für Spandau: spontane Urban Dance- Performances oder „Workshops“ an bestehende Formate andocken (wie z.B. Tanzperformance bei Feuerwehrfest, um auf bestehende Tanzkurse / Urban Dance- Praxis aufmerksam zu machen).
- Wie können Schulräume z.B. abends / am Wochenenden genutzt werden? Am besten sehr konkret (mit einem Konzept) bei der SPK anfragen. SPK: „Sozialraumorientierte Planungs-Koordination“ – muss es in jedem Bezirk geben. Sonderstellen der Bezirksämter o.ä., die sich um alternative Nutzung von öffentlichen Immobilien („Potentialräume“) kümmern.
Was können nächste Schritte sein?
Jetzt:
- Teilen der Kontakte aus diesem Netzwerktreffen (Name, Funktion/Interesse, Emailadresse)
- Kulturkataster (Urbane Praxis) ergänzen mit Tanzorten aus Spandau. Anregung für Kulturkataster: eine Karte erstellen (keine Liste), weil Menschen dies viel mehr nutzen werden
- Orte in Spandau, die Spandauer*innen aus ihrem Umfeld kennen (z.B. „Waterkant“, dort gibt es einen tollen Steg) mit Tanzschaffenden verbinden.
Mittelfristig:
- ein nächstes Treffen organisieren, bei dem Tanzvermittler*innen und Menschen mit Orten / Verbindungen in Spandau gematcht werden.
- Option: (→ Access Point Tanz hat Ressourcen um Anfang 2025 ein online Treffen zu koordinieren und zu moderieren)