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Einbettung des Projektes
Das Pilotprojekt Mobiler Tanzsaal entsteht an der Schnittstelle zwischen Tanzvermittlung und urbaner Praxis mit Fokus auf dezentralen Aspekten der Tanzvermittlungsarbeit und ist ein Bestandteil der Konzeptionsphase eines zukünftigen Tanzvermittlungszentrums (TVZ) in Berlin.1
Ziele der Konzeptionsphase sind Bündelung, Vernetzung und Stärkung von Akteur*innen der Berliner Tanzvermittlung im Kontext einer Reihe von Maßnahmen zur Stärkung der Infrastruktur für Tanz, die vom Runden Tisch Tanz 2018 initiiert wurden.2 Die Konzeptionsphase eines zukünftigen Tanzvermittlungszentrums (2020 – 2021) besteht aus unterschiedlichen Momenten der Beobachtung und Analyse des Feldes der Tanzvermittlung in Berlin: Eine Serie von Interviews mit Akteur*innen; eine breit aufgestellte Umfrage; ein Konzeptions-Lab und der Mobile Tanzsaal, als Pilotprojekt und zugleich als weitere Phase des Zuhörens und Erforschens. Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem Gesamtprozesses fließen in ein Konzeptionspapier (Anfang 2022), in dem die Richtlinien für die Pilotphase des zukünftigen Tanzvermittlungszentrums (2022-2025) aufgeführt sind.
Prämissen und Struktur des Projektes
Im Rahmen der Umfrage und der Interviews während der frühen Konzeptionsphase Ende 2020 / Anfang 2021 wird wiederholt die Bezeichnung „Zentrum“ in Frage gestellt, mit der Begründung, dass der Zentrum-Begriff Ambivalenzen wie Zentralisierung, Konzentration der Macht an einem Ort, in den Händen einiger weniger, beinhaltet. Aus der Umfrage und aus den Interviews geht hervor, dass eine institutionelle Hybridform erforderlich sei, fähig die Spannungsverhältnisse zwischen zentralen Standorten und Arbeitsweisen (zentral im Sinne von stetig sichtbar und vertreten) und dezentralen Kräften und Handlungsweisen (nicht im Blickfeld der Institutionen, weniger sichtbar, marginalisiert) auszuhalten. Auf dieser Grundlage wird die, im Rahmen des Runden Tisches Tanz vorgeschlagene Bezeichnung „Tanzvermittlungszentrum“ für die Pilotphase 2023, in Access Point Tanz umgewandelt und ein Projekt geplant, das sich mit dezentralen Ansätzen der Tanzvermittlung in Berliner Bezirken auseinandersetzt: der Mobile Tanzsaal.
Mobiler Tanzsaal: Der Name ist Programm. Die Idee eines Tanzsaals orientiert sich an einem populären, nicht elitären Ort des Tanzes. Der Begriff Mobil spricht die Potentiale an, stets in Bewegung zu sein, verbindend, zwischen Zentren und Peripherien. Das Projekt gliedert sich in drei Phasen: Standort- und Bedarfsanalyse in den Kiezen, Durchführung von Veranstaltungen (Tanzworkshops, Austauschformate) und abschließende Auswertung, Follow-up mit Erörterung der Potentiale zu Verstetigung.3
Mobiler Tanzsaal als Forschungsprojekt
Mobiler Tanzsaal versteht sich als Forschungsprojekt zu dezentralen Ansätzen der Tanzvermittlung. Insbesondere zielt Mobiler Tanzsaal als Forschungsprojekt auf: 1.) Dezentralität als Grundidee und Handlungsstrategie mit Erkenntnissen aus der Praxis kritisch zu hinterfragen; 2.) Empirisch basierte Erkenntnisse für die Formulierung des Konzeptionspapiers zu produzieren; 3.) Formen und Artikulationen der Tanzvermittlung als Forschung zu erproben und 4.) Forschung als Handlungsbereich des zu entstehenden (De)Zentrums zu etablieren.
Zum Einsatz kommt eine hybride methodische Toolbox mit Ansätzen aus der Ethnographie, aus der Tanzwissenschaft und aus der kuratorischen Praxis.4
Evaluation und kritische Analyse
Im folgenden Teil wird auf Problematiken und Fragen eingegangen, die sich aus der Evaluation des empirischen Praxis-Materials ergeben haben. Das Projekt wird durch diese Fragen und problematischen Aspekte einer kritischen Analyse unterzogen, die Handlungsgrundlagen für die kommende Pilotphase hervorbringt, im Sinne einer zugänglichen Tanzvermittlung.
1) Bedarfsanalysen als Strategie dezentraler Tanzvermittlungsformen
Mobiler Tanzsaal wird im Rahmen des Berliner Projektfonds Urbane Praxis gefördert. Die Förderung sieht eine Phase der Bedarfsanalyse vor. In den Anfängen des Mobilen Tanzsaals wird mit der folgenden Definition von Bedarfsanalysen gearbeitet: Eine Bedarfsanalyse bedeutet in diesem Zusammenhang alle Akteur*innen im Kiez kennenzulernen und mit möglichst vielen in direkten Kontakt zu kommen um das soziale Gewebe so wie unsichtbare Grenzen die durch die Kieze verlaufen zu erfassen: Einrichtungen, Sozialarbeiter*innen, Streetworker*innen, einzelne Einwohner*innen an öffentlichen Orten. Ziel der Bedarfsanalyse ist herauszufinden was es gibt, was es gab und warum es etwas nicht mehr gibt, was erwünscht ist und was funktionieren könnte. Es geht also darum Strukturen und Geschichten zu verstehen, zu kooperieren, zu erweitern und zu ergänzen, nicht zu konkurrieren.5
Instrumente der Bedarfsanalyse sind, nach einer ersten Phase der Kontaktaufnahme, Gespräche mit Akteur*innen, Vertreter*innen von Einrichtungen und Institutionen, so wie mit Behörden auf Bezirksebene. Einführende pop-up Tanzworkshops gelten auch als Art und Weise ins Gespräch zu kommen, als Bestandteil der Bedarfsanalyse, um mit potentiellen Teilnehmer*innen direkt in Kontakt zu treten und ihre Bedürfnisse und Wünsche detaillierter und besser zu begreifen. Aus diesen unterschiedlichen Formen des Dialogs ergeben sich erste Bedürfnisse, Handlungsräume und Hindernisse.
Die Erfahrung des Mobilen Tanzsaals hat deutlich gemacht, dass eine Bedarfsanalyse dann produktiv werden kann, wenn diese von einem Raum für Reflektion direkt anschließend begleitet wird, von einem Zwischenschritt, zwischen Bedarfsanalyse und Umsetzung, der auch in der Förderstruktur anerkannt und mitgedacht wird. In den konkreten Arbeitszusammenhängen überschneiden sich jedoch die Bedarfsanalyse und die erste Phase der Tanzangebote, es findet also unter Zeitdruck statt, unter anderem weil der Zeitraum zwischen Mitteilung der Förderung und Projektende/Abrechnung knapp gerechnet ist. Der Zwischenschritt ist eine Phase der Planung, der Umsetzung der komplexen Bedürfnisse, die im Rahmen der Bedarfsanalyse ermittelt werden. Ohne diesen Zwischenschritt droht das Potential der Bedarfsanalyse verloren zu gehen, weil so innerhalb der Organisation des Projektes nicht auf den individuellen Bedarf eines Standortes, also nicht auf die direkten Ergebnisse der Analyse eingegangen werden kann.6
Während der Durchführung des Projektes hat sich außerdem die Notwendigkeit gezeigt nachhaltige Formen des Dialogs mit Moderator*innen/Vermittler*innen, so wie mit Akteur*innen aus den Institutionen in Gate-Keeper Rollen (Sozialarbeiter*innen; Ehrenamt Koordinator*innen in Einrichtungen für Geflüchtete; Personen in Koordinations-Positionen auf Kiez Ebene) zu entwickeln. Diese dienen der Konfliktlösung, der Überprüfung des Status Quo und der Aktualisierung der Bedürfnisse der beteiligten Akteur*innen, so wie der Auseinandersetzung mit Fragen zur Antidiskriminierung und Inklusion. Formate dieser erweiterten Bedarfsanalyse können Runde Tische, Workshops für Mitwirkende, Briefings mit/für Sozialarbeiter*innen und Moderator*innen, so wie Thementische, Gespräche und Austauschformate mit den involvierten Kieznetzwerken u. a. sein.
Diese vermittelnde Kommunikationsarbeit geht weit über die vorgesehenen Honorare für Produzent*innen, Koordinator*innen und Vermittler*innen / Workshopmoderator*innen hinaus und bedarf teilweise spezifischer Kompetenzen, die in Bezug auf die involvierten Adressat*innen festzulegen sind.
Es ergibt sich, dass die Bedarfsanalyse als Strategie auszubauen ist, einerseits durch das Einführen einer Zwischenphase, eines Reflexionszeitraumes und andererseits durch Begleitformate für Coaching und Kommunikation zwischen den Akteur*innen für die gesamte Dauer des Projektes.
2) Zielgruppen – Teamaufstellung – Leadership Konzepte
Die Festlegung der spezifischen Zielgruppen findet im Rahmen der Bedarfsanalyse mit den Partnereinrichtungenstatt.7 Aus der Bedarfsanalyse ergibt sich vermehrt (an verschiedenen Standorten) und betont (dringende Anfrage) ein Bedürfnis nach einem Tanzvermittlungsangebot für Kinder mit Fluchterfahrung, insbesondere für Kinder in Wohneinrichtungen für Familien mit Fluchterfahrung.
Indem sich das Projekt die Ziele Rassismuskritik, Antidiskriminierung und Inklusion (Vgl. Antrag) setzt und indem, auch wenn aus der Bedarfsanalyse heraus und nicht a priori Zielgruppen „entlang soziodemographischer Marker“ (C. Mörsch 2018/2016) festgelegt werden, benötigt die genannte Zielsetzung im jeweiligen Kontext eine kritische Reflektion. Carmen Mörsch schreibt in ihrem Essay Refugees sind keine Zielgruppe: „Definitionen von Zielgruppen haben zudem die Tendenz, gegenüber der Komplexität, Vieldeutigkeit und Dynamik von Gesellschaft konservativ und vereinfachend zu sein. (…) Angebote für auf diese Weise definierte Zielgruppen laufen Gefahr, die Ungleichheit, die durch sie eigentlich bekämpft werden soll, zu verstärken“. Mörsch betont außerdem, dass: „Viele Projekte der kulturellen Bildung im Kontext Flucht werden weiterhin ausschließlich von mehrheitsangehörigen Kulturschaffenden gestaltet, welche die Verwendung der Ressourcen, die Inhalte, die Praktiken und die Repräsentationen kontrollieren.“ (C. Mörsch 2018/2016).
Die von Mörsch angesprochene Problematik, lässt sich teilweise im Rahmen des Mobilen Tanzsaals erkennen. Während der gesamten Konzeptionsphase besteht ein Fokus auf „Diversität und Inklusion“. Um diesen Fokus umzusetzen sind damit verbundene Kompetenzen, Perspektiven und Erfahrungen im Team verankert. Eine spezifische Kompetenz in Bezug auf Fluchterfahrung fehlt jedoch in diesem Leitungsteam.
Es ist zentral und unverzichtbar, dass Leitungspositionen innerhalb eines Projektes, so aufgestellt sind, dass sie eine Repräsentation der involvierten Teilnehmer*innen garantieren, vor allem auch da, wo es um strukturell marginalisierte Perspektiven geht.
Welche Möglichkeit gibt es mit dieser Situation umzugehen? Einerseits gilt es grundsätzlich Fluchterfahrung in Leitungspositionen für Projekte der Tanzvermittlung als Schlüsselkompetenz mitzudenken.
Andererseits gilt es flexible, offene Leitungsstrukturen zu erarbeiten und zu etablieren, die im Anschluss an die Bedarfsanalyse eine Ergänzung der Leitungskompetenzen, mit Hilfe der Ergebnisse dieser Analyse, vorsehen. Dies gilt nicht nur für die notwendigen Kompetenzen der Arbeit in Einrichtungen mit geflüchteten Familien, sondern auch für die Arbeit mit anderen Zielgruppen im Tanzsaal unter anderen zum Beispiel mit Senior*innen. In diesem Zusammenhang erscheint es sinnvoll eine Koordinationsstelle für das Leitungsteam zu denken, die mit der Bedarfsanalyse die nötigen Teamkompetenzen im Leitungsteam ergänzt und im Team und zwischen den Teamkompetenzen vermittelt. Nur so können dezentrale Tanzvermittlungsprojekte nachhaltige Wirkungen erzielen.
3) Tanzvermittlung in (post)pandemischen Berliner Kiezen
Mobiler Tanzsaal kommt im zweiten Sommer der Covid19 Pandemie in Berliner Kieze. Die geteilte Erfahrung der Partner*innen in den Kiezen, vor allem der Akteur*innen in der Jugendarbeit (Jugendzentren) offenbart den Verlust des Kontakts mit den Jugendlichen, so wie unrealistische Pandemie-Auflagen für die Indoor-arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Die Arbeit wird oft nach draußen verlegt, wo sich jedoch die Frage nach dem Fokus stellt. Die Kinder oder Jugendlichen sind draußen weniger auf das Tanzangebot fokussiert, es fehlt an Konzentration, so die Moderator*innen / Vermittler*innen.8 Dem Mobilen Tanzsaal wird von den Partner*innen das Potential zugeschrieben Interesse der Jugendlichen für das gesamte Angebot wecken zu können, ein Potential welches die Jugendlichen in die Jugendzentren zurückholen kann. Es ist jedoch klar, dass in seiner Form als Pilot Projekt, der Mobile Tanzsaal ausschließlich Impulse setzten kann, die nur im Rahmen einer Fortführung weiterentwickelt werden können. Insgesamt wird von teilnehmenden Workshopmoderator*innen / Tanzvermittler*innen, so wie von teilnehmenden Partnerinstitutionen im Rahmen von Nachbereitungsgesprächen der Wunsch mitgeteilt im Rahmen einer Fortführung des Projektes mit einer Kontinuität arbeiten zu können. Vorgeschlagen wurde ein an der Hip Hop Kultur orientiertes Format: Für mindestens zwei Monaten in einer Einrichtung / Jugendclub o.a. arbeiten, zum Beispiel 10 Wochenenden, um danach in eine andere Einrichtung weiter zu wandern. Die verschiedenen Gruppen treffen sich zum „battlen“, bzw. zusammenüben. Hinsichtlich der (post-)pandemischen Lage und einer nachhaltigen, zugänglichen Tanzvermittlung ist die Idee entstanden, dass Vermittler*innen von Mobiler Tanzsaal mit Sozialarbeiter*innen und Streetworker*innen die Jugendlichen direkt da besuchen, wo sie sich täglich treffen – Skater Plätze, Spielplätze, Treffpunkte in den Kiezen, Parkplätze – um spontane Tanzangebote zu vermitteln. Diese Idee kann in weiteren Phasen ausgebaut werden.9
4) Bürokratische Hürden in der Urbanen Praxis / Tanzvermittlung
Die Lage wird vom Team wie folgt zusammengefasst: Es ergibt sich eine bedeutende Arbeitslast um die Vermittlung von praktischen Aspekten. Es wird unter anderem berichtet, wie die unterschiedlichen Zuständigkeiten auf dem gleichen Gelände das Team vor Hindernisse stellen, oder wie die Verhandlungen um Raumnutzung an den Standorten die Akteur*innen intensiv beschäftigen (Die Antragstellung bei den Genehmigungsverfahren lief jeweils direkt über die Projektpartner*innen an den Standorten). Es war vermehrte Vermittlungsarbeit vor Ort notwendig, als Begleitung für die Workshopmoderator*innen, um in Dialog mit von der Musik genervten Nachbarn und oder mit Polizist*innen zu treten, die teilweise drohten, trotz Genehmigungen, die Musikanlage mitzunehmen.
Auf der Grundlage der Erfahrungen im Leitungsteam wurde während der Workshops des Mobilen Tanzsaals stets darauf geachtet, dass ein guter Betreuungsschlüssel vor Ort anwesend ist. Neben den Workshopmoderator*innen waren immer Mitglieder des Leitungs- und/oder Produktionsteams vor Ort, um die oben beschriebene Betreuung/Vermittlungsarbeit, die rund um die Workshops stattgefunden hat, zu leisten. Das Team hat sich bei den Veranstaltungen bewusst personell stets stark aufgestellt um den Workshopmoderator*innen den Raum zu schaffen, sich auf den künstlerischen / pädagogischen Teil der Vermittlungsarbeit zu konzentrieren. Auf der Grundlage dieser Erfahrung und der positiven Ergebnisse, die sich aus dem starken Betreuungsschlüssel ergeben haben, wird auch dieser Aspekt in weiteren Phasen berücksichtig und auf der Ebene der Budget- und Stundenanzahlplanung noch stärker miteinbezogen. Trotz dieser vorwiegend positiven Erfahrung im Rahmen dieses spezifischen Projektes gilt es die Schwierigkeiten in den Verhandlungen um Raumnutzung in der urbanen Praxis strukturell zu bedenken. Ein Artikel im Tagesspiegel vom 6.6.2021 mit dem Titel Scheitert die „Draussenstadt“ an Genehmigungsverfahren? Berichtet über Erfahrungen, die vergleichbar oder sogar komplexer und schwieriger sind im Vergleich zum Mobilen Tanzsaal. Der Artikel zitiert aus einem Bericht der Senatsverwaltung für Kultur und Europa (Stand Juni 2020) für den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses:
Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa stellt nicht nur fest, dass es einen großen Bedarf für die Förderung von kulturellen Veranstaltungen und Projekten im öffentlichen Raum gibt“, heißt es da, „sie stellt auch fest, dass die Umsetzung regelmäßig in Genehmigungsverfahren scheitert. Der „Schutz der Anwohnenden“ vor „Lärmemissionen“ wird ins Feld geführt, die „Sicherstellung des Naturschutzes“ und das „Grünanlagengesetz“, „Haftungsfragen der Veranstaltenden für potenzielle Schäden“, „Konkurrenz der Nutzungen (Bsp: Parkplätze)“, „hohe Nutzungsentgelte für Flächen, die den kommunalen Unternehmen obliegen“, die Überlastung der Ordnungsämter. Besonders irrwitzig ist der Verweis auf den „Grundsatz der Gleichbehandlung“: Entweder, argumentieren die Behörden dabei, könne man nur alle Anträge genehmigen oder eben keinen.10
Das Team vom Projekt Kultur im Grünen mit Dr. Birte Jung und Bianca C. Dreyer beschäftigt sich mit genau diesen Hürden und hat im späten Sommer 2021 eine Umfrage durchgeführt zur Evaluierung der Nutzung von Freiflächen im urbanen Raum. In diesem Sinne könnten die Ergebnisse der Umfrage lösungsorientierte Vorschläge aufzeigen.11 In diesem Bereich zeigt sich insbesondere die Relevanz von spartenübergreifenden Gesprächen und Austauschformaten, die in den Aufgabenbereich eines Access Point Tanz fallen, am Beispiel des Werkstatt Büros für urbane Querschnittaufgaben und möglicherweise in Zusammenarbeit mit diesem.12 Um die Schnittstelle Urbane Praxis / Tanzvermittlung strategisch weiterzuentwickeln müsste der Access Point Tanz bessere Kommunikation zwischen Senatsabteilungen für Kultur, Bildung UND Stadtentwicklung schaffen.
Fazit
Dank Strategien der Bedarfsanalyse ist es möglich im Vorfeld Bedürfnisse kennenzulernen und aufzuzeigen. Die Bedarfsanalyse kann erweitert werden und als Form der begleitenden Reflektion entlang der Vermittlungsprojekte konzipiert werden. Die Entwicklung von Formaten dieser begleitenden Reflektion liegt im Aufgabenbereich der Tanzvermittlung. Dieser Ansatz kann in der Konzeption einer zuhörenden Tanzvermittlung zusammengefasst werden, die die Idee einer die Zielgruppen aufsuchenden Tanzvermittlung ergänzt und weiterdenkt.
Die sich ergebenden Zielgruppen aus der Bedarfsanalyse bringen vorwiegend Kinder und Jugendliche in den Fokus insbesondere in Wohneinrichtungen für Familien mit Fluchterfahrung. Auch die Begeisterung von in Altersheimen lebenden Senior*innen ist eine der prägenden Erfahrungen des Mobilen Tanzsaals und kann im weiteren Verlauf des Projektes ausgebaut werden. Tanzvermittlung für Erwachsene in den Kiezen bleibt eher am Rande der Bedarfsanalyse. Dieser Bereich kann in weiteren Kontexten und Bezirken befragt und erforscht werden.
Die Spezifizität der sich herausstellenden Zielgruppen hat gezeigt, dass die Kompetenz von Personen mit Erfahrung von Flucht und Migration im Leitungsteam der Tanzvermittlung unverzichtbar ist. Genauso ist es zentral Kompetenzen in Betracht zu ziehen, die für die Arbeit mit Senior*innen und Jugendlichen notwendig sind. Für weitere Entwicklungen des Mobilen Tanzsaals spielen folgenden Aspekte eine Schlüsselrolle: Miteinbeziehen der breiten Kompetenzen am Standort, eine diskriminierungskritische Aufstellung des Teams und fluide Hierarchien, so wie Kontinuität.
Auf den genannten Grundlagen kann das Modell Projekt Mobiler Tanzsaal im Rahmen von aufeinanderfolgenden Zyklen in 16 Berliner Bezirke ausgebaut werden. Mobiler Tanzsaal als Forschungsprojekt, begleitet von einem interdisziplinären Team von Forscher*innen, kann dank unterschiedlicher Forschungsformate und Ansätze auf der bestehenden Erfahrung ausgebaut werden und somit auch eine Grundlage für den Bereich der Tanzvermittlung als Forschung darstellen.
In und durch Mobiler Tanzsaal wurde Dezentralität als Grundidee und Handlungsstrategie untersucht und festgestellt, dass ohne Dezentralität keine Zugänglichkeit gegeben ist. Dezentralität bietet die Gelegenheit Strukturen diskriminierungskritisch zu hinterfragen und in diesem Sinne umzustellen.
Mobiler Tanzsaal (Gesamtprojekt) – Credits
Projektidee und Projektleitung: Sven Seeger
Co-Leitung: Janne Gregor und Gabriele Reuter; Urban Culture: Joy Alpuerto-Ritter
Unterstützung Leitungsteam und Webseite: Elena Basteri
Produktion und Dramaturgie: Veronika Wagner
Assistenz Projektleitung: Verena Weiss
Forschung/Dokumentation: Elisa Ricci
Mobiler Tanzsaal – (Workshops)
Workshopleiter:innen: Joy Alpuerto-Ritter, Nora Amin, Thomster, Osman Osman, Fidan Sirin, Hamza Alwaz, Viola Barner, Anatol Wendler, Allahham Anas, Zafar Arab, Ali Emani, Sven Seeger & Zubair Amini
DJ: Prince Ofori
Technische Betreuung: Dennis Dieter Kopp, Kanishka Sakar
Multiplikator:innen: Afsaneh Hatefi, Saman, Lisa Schwalb, Zeljko Ristic, Susan Aziz, Sabine Wolf, Tina Hans Jürgens
Übersetzung Flyer: Waael Fares (AR), Lucia Rossi (EN, RUS)
Mobiler Tanzsaal – Diskursveranstaltungen – Dezentrale Ansätze in der Tanzvermittlung
Konzept, Koordination und Moderation: Nora Amin
Co-moderation: Janne Gregor
Inputs: Elena Basteri, Janne Gregor, Amelie Mallmann, Elisa Ricci, Sven Seeger, Laura Werres
Gruppenmoderation Symposium: Nora Amin, Felix Dompreh, Martina Kessel, Gabriele Reuter
DJ und Technische Betreuung: Kanishka Sarkar
Graphic Protocol: Daniel Freymüller
Dokumentation (Video): Hannes Schulze
Übersetzung: Lucia Rossi (EN)
Dolmetschen: Undine Schäfer und Oya Ataman (DGS)
Kooperationspartner:innen:
Wasserwerk – Berlin Mondiale, Station urbaner Kulturen / nGbK Hellersdorf, More Than Shelters e.V., Stadtwerke mrzn / S27, Haus der Statistik
Beteiligte Institutionen:
Erstaufnahme-Unterkunft Kirschenallee; Prisod – Gemeinschaftsunterkunft Eschenallee; Ulme 35 e.V.; Senioren-Anlage Ulmeneck, Familienzentrum Kastanienallee; Eastend Hellersdorf, Stadtteilkoordination Hellersdorf, Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete EJF – Evangelisches Jugend- und Fürsorgewerk, Stadtteilkoordination im Nachbarschaftszentrum DRK, Haus der Begegnung M3 e.V.
Das Projekt wird realisiert aus Mitteln des Berliner Projektfonds Urbane Praxis. Das Vorhaben ist Teil der Initiative DRAUSSENSTADT, gefördert von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa.
Die Konzeptionsphase für ein Berliner Tanzvermittlungszentrum wird in Trägerschaft des Zeitgenössischen Tanz Berlin e.V. realisiert.
Fußnoten
- Das Projekt entstand basierend auf einer Projektidee von Sven Seeger als Mitglied des erweiterten Teams der Steuerungsgruppe und wurde im erweiterten Team der Steuerungsgruppe (Siehe Credits) konzipiert und entwickelt, in direkter Antwort auf Ergebnisse der Bestandsaufnahme und dem Wunsch nach praxisorientierter Recherche.
- Zum Runden Tisch und zu den genannten Maßnahmen: Runder Tisch Tanz.
- Die genauen Standorte und Kooperationspartner*innen des Projektes ergeben sich aus einer ersten, frühen Phase der Bedarfsanalyse im Vorfeld der Antragstellung beim Berliner Projektfonds Urbane Praxis. Im Laufe der zweiten Phase der Bedarfsanalyse nach Bestätigung der Förderung festigen sich die Partnerschaften. Die Partner-Institutionen sind in den Berliner Bezirken Charlottenburg / Westend; Hellersdorf/Marzahn und Kreuzberg verortet (Siehe Credits für Liste der Partner*innen).
- Während der Bedarfsanalyse, der Workshops und der Verstätigungsgespräche / Follow-up Gespräche wird teilnehmend beobachtet und protokolliert. Die teilnehmende Beobachtung wird von verschiedenen Teammitglieder*innen durchgeführt, so wie von der Autorin dieser Analyse, die auch Einzel- und Gruppeninterviews mit dem Team (Leitung und Workshopleitung/Vermittlung) durchgeführt hat. Es haben Reflexionsrunden im Team stattgefunden, die protokolliert wurden. Die Protokolle beziehen sich auf unzählige informelle Einzelgespräche die mit Akteur*innen und Teilnehmer*innen vor Ort während der Workshops und Events stattgefunden haben. Die Follow-Up Gespräche mit den Partner*innen wurden desgleichen protokolliert und fließen in diese Analyse mit ein.
- Kursiv werden Zitate aus den Interviews und Gesprächen markiert.
- Im Rahmen des Mobilen Tanzsaals wurde in der Überschneidungsphase zwischen Bedarfsanalyse und Umsetzung ein Team von Workshopmoderator*innen / Vermittler*innen zusammengestellt, das den Bedürfnissen aus der Bedarfsanalyse entgegenkommt, so wie das Team um Kompetenzen im Produktionsbereich ergänzt (Genehmigungsverfahren u.a.). Dieser Aspekt wird im 2. Abschnitt „Zielgruppen – Teamaufstellung – Leadership Konzepte“ verhandelt.
- Workshops in Street Dance für Kinder und Jugendliche; Standardtänze für Erwachsene und Senior*innen, so wie Raq Sharqui für Erwachsene, Frauen und Senior*innen.
- Es reicht nicht Indoor-Formate nach Draußen zu verlegen. Formate für draußen werden von Anfang an auf einer anderen Grundlage aufgebaut.
- Das Break Mobil, ein Projekt um den Berliner Break Künstler Kadir Amigo, arbeitet genau auf diesen Grundlagen und kann als Inspiration für Entwicklungen des Mobilen Tanzsaals betrachtet werden oder als mögliches Partnerprojekt.
- (Vgl. Tagesspiegel Artikel vom 6.6.2021 – Scheitert die „Draussenstadt“ an Genehmigungsverfahren?). Frederik Hanssen.
- Die Umfrage ist nicht mehr aktiv. Ergebnisse wurden noch nicht bekannt gegeben.
- Werkstatt: Büro für urbane Querschnittsaufgaben.